Die Zukunft ist näher als wir denken:
Autonom & vernetzt: Mobilität auf den Punkt gebracht
Bricht die Mobilitätsrevolution nun an? Zumindest klingt die Mobilität der Zukunft für Nutzerinnen und Nutzer ziemlich verlockend: Schneller, günstiger, komfortabler und umweltfreundlicher von A nach B kommen. Mobility as a Service (MaaS) heißt die Zauberformel, die künftig für ein solches Fort- und Ankommen verantwortlich sein soll.
MaaS kann man getrost als weiteren skandinavischen Exportschlager im Verkehrsbereich betrachten. Ein eigenes Auto? Nicht mehr nötig. Idealerweise genügte eine einzige App, die von Leihfahrzeugen über den öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Mitfahrdienst, vom Zug, Flugzeug bis zum Robo-Taxi alle Angebote nahtlos miteinander verknüpft.
Autonomes Fahren und Rundum-Mobilitäts-lösungen stehen vor dem Durchbruch, digitale Anbieter, von etablierten Dienstleistern bis zu kleinen Tech-Start-ups stellen nach einigen Jahren des Experimentierens nun die Weichen dafür. Für die Umsetzung unverzichtbar: Die öffentliche Hand, Infrastruktur- und Verkehrsbetreiber, Industrie und natürlich die Forschung.
So nimmt beim Thema MaaS auch das Bundesministerium für Verkehr, Technologie und Innovation (BMVIT) eine zentrale, betreiberübergreifende Rolle ein. Über die bei der Austria Tech angesiedelten Plattform ITS Austria arbeitet das Ministerium am notwendigen Rahmen zur Umsetzung einer umfassenden Vernetzung im Verkehrsbereich. Berücksichtigt werden dabei alle nationale Strategien, eine Arbeitsgruppen hat den Status-quo sowie Handlungsempfehlungen für eine Umsetzung von MaaS made in Austria (MaaS miA) erarbeitet.
Ergebnisse davon wurden jüngst im Rahmen einer Konferenz im BMVIT präsentiert. „Mit diesem Konzept wird das Thema erstmals österreichweit und gesamthaft betrachtet. Es ist uns wichtig, einen Gestaltungspfad vorzuschlagen, der sowohl die öffentliche Hand als auch Anbieter von Mobilitäts-services unterstützt und einen Rahmen zur Umsetzung bietet“, erklärt Franz Schwammenhöfer, Leiter der Abteilung Gesamtverkehr im BMVIT und Leiter der Arbeitsgruppe MaaS miA.
Mit MaaS zur Mobilitätsgarantie
Rund 160 Experten tauschten sich einen Tag lang zu aktuellen Entwicklungen im Bereich intelligenter, kooperativer Verkehrssysteme aus. Wie kann MaaS gemeinsam weiterentwickelt werden, was braucht es zur Bündelung von Carsharing-, Fahr-, Park-und Ladedienste?
Lexikon: Das MaaS-Konzept stammt aus Finnland, wo es bereits eine Schlüsselrolle in der nationalen Verkehrspolitik spielt. MaaS soll den Transport mit eigenen Fahrzeugen durch ein auf den Kundenbedarf abgestimmtes Angebot verschiedener Mobilitätsdienste ersetzen. Mobilitätsdienste können verschiedenen Anbietern bereitgestellt werden und sollen als ein kombinierter, multimodaler Service angeboten und abgerechnet werden.
„Unser Ziel ist es, dafür ein Mobilitätsgütesiegel zu schaffen. Die Verkehrsteilnehmer sollen ein umfangreiches, diskriminierungsfreies Mobilitätsangebot erhalten, auf das sie sich immer verlassen können. Dazu ist es nötig, Prozesse zu definieren, wie die Qualität der Daten und Dienste zu überprüfen und zu monitoren ist.“, sagt Schwammenhöfer. Das Konzept enthält daher 13 Handlungsempfehlungen für Zugangsregelungen für MaaS-Anbieter.
Dabei werden sowohl rechtliche und organisatorische Aspekte aufgegriffen, als auch technische Aspekte für das Schaffen von einheitlichen Schnittstellen und welche Zugangsregeln zu Daten und Diensten zu definieren sind. Ziel ist es, ein MaaS-System zu etablieren, das ein sicheres, effizientes und leistbares Mobilitätsangebot auch in peripheren Gebieten garantiert und sich alle Angebote auf demselben Qualitätslevel befinden.
Zugang zu Mobilitätsangeboten neu gestalten
Unter Mobilität als Service versteht man eine nutzerorientierte, intermodale Dienstleistung, die bestehende Angebote von verschiedenen Mobilitätsanbietern in nur einem Service vereint. Über diesen einen Service können im Idealfall sämtliche Reiseinformationen angeboten sowie Buchung, Reservierung und Bezahlung in Einem abgewickelt werden. In Österreich wurden dazu schon verschiedene Vorarbeiten geleistet, etwa die Gründung der Verkehrsauskunft Österreich oder die Implementierung einer Graphenintegrationsplattform.
Bisher bestand allerdings kein einheitlicher Ansatz zum Ausrollen von MaaS in Österreich und auch die Zielsetzungen der einzelnen Mobilitätsbetreiber unterschieden sich oftmals. Ziel der Arbeitsgruppe MaaS miA war es nun, ein österreichisches Bild zur Umsetzung von Mobilität als Service zu erarbeiten. In der Arbeitsgruppe vertreten sind unter der Leitung des BMVIT neben der AustriaTech auch österreichische Mobilitätsanbieter von der ÖBB über ASFINAG bis zu den Verkehrsverbünden der Länder.
„Wichtig war das gemeinsame Bekenntnis aller Beteiligten und eine technologieunabhängige Betrachtung, um einen allgemein gültigen Rahmen schaffen zu können.“, betont Martin Böhm, Businessunit-Leiter bei der AustriaTech. Definiert wird der Rahmen anhand der MaaS miA-Readiness-Levels. Von Level 0 bis Level 3 werden die unterschiedlichen Integrationsstufen, die Rolle der öffentlichen Hand und die rechtlichen und technologischen Rahmenbedingungen aufgeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Entwicklung von MaaS-Systemen schrittweise und aufbauend erfolgen kann. Die MaaS miA-Readiness-Levels ermöglichen somit auch eine Selbsteinstufung für einzelne Mobilitätsanbieter, um ihre individuell entwickelten Services problemlos unter den definierten Bedingungen in ein MaaS-System zu integrieren.
Der Vorteil ist, dass die Services damit besser mit anderen Angeboten verknüpfbar sind und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer optimal unterstützt werden können – und das nicht nur im urbanen Raum mit ohnehin gutem öffentlichen Verkehrsangebot, sondern auch in ländlichen Gegenden.
Zum ersten Mal wurden auf der ITS Austria auch die beiden neuen Leitprojekte Ultimob und Domino aus der BMVIT-Ausschreibung Mobilität der Zukunft – Personenmobilität vorgestellt. Beide Förderprojekte beschäftigen sich mit integrierten Mobilitätslösungen und werden diese in verschiedenen Pilot-Regionen in Österreich auch testen.
Ein weiterer Schwerpunkt, der seitens der ITS Austria bereits 2018 gestartet wurde, ist das Ausrollen von C-ITS. Hierzu präsentierte die ASFINAG auf der Konferenz nochmals ihre aktuellen Maßnahmen, wie C-ITS am hochrangigen Straßennetz mit 2020 ausgerollt werden soll. Damit die Infrastruktur und moderne Fahrzeuge künftig schnell und sicher miteinander kommunizieren können, werden Autobahnen und Schnellstraßen bis 2023 mit einem speziellen WLAN für die Fahrzeugkommunikation ausgerüstet.
Dazu werden bis zu 500 WLAN-Boxen in ganz Österreich installiert, die künftig wichtige Informationen aussenden und von WLAN-tauglichen Fahrzeugen auch empfangen werden können. So können von der ASFINAG vorzeitig Informationen zum Beispiel über Fahrstreifensperren, Baustellen, Tempolimits, Pannen oder Unfälle entlang der Strecke direkt ins Fahrzeug gesendet werden. Die Informationen werden von der ASFINAG durch die digitale Übertragung zum Fahrzeug in die jeweilige Herkunfts-Sprache übersetzt.
Wissensaustausch zum Automatisierten Fahren
Und das Automatisierte Fahren? Eine Studie offenbarte heuer, dass mehr als die Hälfte der Befragten in Österreich dieser Technologie gegenüber positiv eingestellt. Erste Technologien und Anwendungen sind auf diesem Feld bereits heute vorhanden. Neben privaten und öffentlichen Akteuren, die die Zukunft der Mobilität vorbereiten, wird demnach auch von großen Teilen der Bevölkerung in automatisierten Mobilitätslösungen viel Potential gesehen.
Vielfältige Projekte im Bereich selbstfahrender Fahrzeuge, Züge oder Drohnen werden durch das BMVIT gefördert. Dabei gilt es, automatisierte Technologien und Mobilitätsangebote so zu nutzen, dass die kommende Transformation in Richtung eines serviceorientierten und klimafreundlichen Mobilitätssystems sinnvoll unterstützt wird.
„Automatisierte Mobilität ist ein Teil der Mobilität der Zukunft“, so Michael Nikowitz, Koordinator für Automatisiertes Fahren im BMVIT. Gemeinsam mit der Elektrifizierung, der gemeinsamen Nutzung und der Vernetzung stellt sie so eine der wichtigen Säulen auf diesem Gebiet. Seit 2016 beschäftigt sich das BMVIT intensiv mit dieser Thematik. Der unglaublich rasche Technologiefortschritt bedarf hierbei ebenso schneller Reaktionen auch von Seiten der öffentlichen Hand. „Es ist ganz essentiell, dass wir uns mit der Thematik möglichst breit und interdisziplinär beschäftigen, um sicherzustellen, dass wir als Ministerium die richtigen Fragestellungen und Themen adressieren“, so Nikowitz weiter.
Die Austria Tech ist die Kontaktstelle zum Automatisierten Fahren des BMVIT. Gemeinsam hat man das Forum Automatisierte Mobilität ins Leben gerufen, einem jährlichen Symposium, welches heuer am 2. Oktober unter dem Motto CASE – ein automatisierter Fall für alle Fälle verschiedene Bereiche aufgriff, um die Entwicklung automatisierter Mobilität bestmöglich zu begleiten.
Das Forum ist Teil des Aktionspakets Automatisierte Mobilität und dient als wichtige Dialogveranstaltung, um von allen Akteuren von der Industrie, über Verwaltung und Wissenschaft bis zu Start-ups sowohl den neuesten Stand zu bekommen als auch kritisches Hinterfragen der Entwicklungen zu ermöglichen, wie Nikowitz betont.
Für ihn ist ein transparenter und objektiver Wissensaustausch unumgänglich, damit im Falle der Automatisierung nicht vergeblich an der Entwicklung von Lösungen gearbeitet und erst im Nachhinein erkannt wird, dass Best-Practice-Beispiele bereits verfügbar gewesen wären.
Neue automatisierte Mobilitäts-Services gelten als eine der Tech-Revolutionen im 21. Jahrhundert, die neben anderen Zweigen fortschreitender Digitalisierung von großem Einfluß auf unseren Alltag sein wird. Entwicklungen auf dem Gebiet der automatisierten Mobilität – seien es Assistenzsysteme in privaten Pkw, sogenannte Robo-Taxis oder fahrerlose öffentliche Verkehrsmittel werden unsere Mobilität und die Möglichkeiten des [Vor]Ankommens in Städten und auch im ländlichen Raum stark verändern.
Automatisiertes Fahren kann für mehr Verkehrssicherheit sorgen und ist zugleich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Schon jetzt sind österreichische Autozulieferbetriebe in vielen Bereichen des automatisierten Fahrens international gefragt. Das neue Aktionspaket Automatisierte Mobilität für den Zeitraum 2019-2022 setzt den Fokus auf Straße, Schiene und Luftfahrt (Drohnen). 65 Millionen Euro an Förderbudget stehen zur Umsetzung von 34 Maßnahmen im Bereich Technologieförderung, legislativer Anpassung, gesellschaftlicher Dialog, Einbindung der öffentlichen Hand und Aufbau der Kompetenz im Bereich der Mensch-Maschine-Interaktion bereit.
Quelle: https://infothek.bmvit.gv.at/maas-autonom-vernetzt-mobilitaet-punkt-its-austria/ (10-2019)